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Warum wir in Deutschland ein Kinderministerium benötigen

Sabine Hagen • 23. Februar 2023
Wer die Schlagzeilen in den letzten Wochen und Monaten verfolgt hat, dem wurde schnell eines klar: Deutschland hat ein Problem mit Kindern.

Der Föderalismus tut sein Übriges. Zwischen Digitalpakt Schule, aber keinem Digitalpakt für Kitas, dem Sprachgebrauch von Betreuung in Kitas, aber von Mittagsbetreuung in der Schule und der Forderung nach einem "Bildungsfonds", der vermutlich ebenfalls wieder die Kleinsten in der Gesellschaft außer Acht lässt, gehen weitere folgendschwere Herausforderungen einher:

Kinderarmut – Depressionen und Ängste bei Kindern – Kinderrechte – Bildungssystem,

um nur ein paar Buzzwords zu nennen.

Die Probleme, aber vor allem die weitreichenden Folgen, die sich aus den aktuellen Herausforderungen im Jahr 2023 und dadurch für die Zukunft ergeben (werden) sind immens:

Fakt 1)
Wer in jungen Jahren eine Psychotherapie benötigt hat ein massives Problem in den späteren, berufstätigen Jahren eine Berufsunfähigkeitsversicherung zu erhalten. Dieses Problem ist seit Jahren bekannt und wird die Kinder und Jugendlichen, die aktuell auf Grund der Corona-Pandemie massive psychische Probleme haben, vor gravierende Schwierigkeiten im späteren Berufsleben stellen (1).

Fakt 2)
„Die frühe Kindheit ist eine besonders sensible Phase rasanter körperlicher, kognitiver, sozialer und emotionaler Entwicklung. In diesen ersten Jahren werden die Grundlagen für späteres Lernen gelegt. Frühkindliche Förderung und Erziehung besitzt somit ein besonderes Potenzial für die Entwicklung eines Kindes und den lebenslangen Lernprozess.“ (UNESCO)

Als Global Goal bis 2030 gilt:

„4.2

Bis 2030 allen Mädchen und Jungen den Zugang zu hochwertiger frühkindlicher Bildung, Betreuung und Erziehung sichern, die ihnen einen erfolgreichen Übergang in die Schule ermöglichen.“ Doch in Deutschland wird nicht von der frühkindlichen Bildung, sondern von der Betreuung gesprochen, die einem Zweck dient: Nämlich dass Arbeitnehmer*innen ihrer Arbeit nachgehen können.

Fakt 3)
Im Marketing wird von der „Generation alpha“ gesprochen. Die Altersgruppe, der in den Jahren 2010-2025 geborenen Menschen. Als erste und bis lang einzige Generation die komplett im 21. Jahrhundert aufwächst und für die die Digitalisierung kein Neuland ist. „2025, wenn das letzte Generation-Alpha-Baby das Licht der Welt erblickt, werden sie 2,5 Milliarden Menschen stellen. Sie bis dahin im Marketing zu ignorieren, wäre schlicht: dumm. (2)“ Ein ignorieren dieser kleinen Menschen und deren Rechte, auch auf zeitgemäße Bildung und Werkzeuge ebenfalls.


In den letzten Wochen und Monaten spitzt sich nicht nur die Situation in der frühkindlichen Bildung zu. Kinder, deren Rechte, aber vor allem die psychische Gesundheit, sind nach wie vor Themen wie wir sehen, die zu oft vergessen oder ignoriert werden. Werfen wir ein Blick in den weiteren Bildungsverlauf und die unterschiedlichen Bereiche, in welchen Kinder ab Geburt „unterwegs“ sind, dann gebe ich folgende Bereiche zur Diskussion (ein erster Entwurf versteht sich), die in meinen Augen in einem eigenständigen Kinder(- und Jugend-)ministerium auf Bundesebene verankert sein sollten:

 
1. Kinderrechte und -grundsicherung

Kinderrechte müssen im Grundgesetz verankert und eine Umsetzung/Einhaltung der Rechte bundesweit verfolgt werden. Des Weiteren gilt es Kinder finanziell abzusichern und die Kindergrundsicherung weiter zu forcieren.


2. Bildung

Von Geburt bis zum Ende der schulischen Bildung benötigt es eine gemeinsame Kraftanstrengung und entsprechende Weiterentwicklung des deutschen Bildungssystems. Hierzu zählen ebenfalls die Bereiche des Qualitätsmanagements, sowie der Transfer von Forschung und Praxis.


3. Resilienz
Mehr Aufmerksamkeit und zusätzliche Investitionen in den Bereich Resilienz für die zuständige Altersgruppe. Siehe Fakt 1)


4. Prävention (ganzheitlich)
Fokus auf die psychische und physische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen. Siehe Fakt 1).


5. Organisationsentwicklung
Basierend auf den unterschiedlichen Generationen (Stichwort: „Gen alpha“) müssen Bildungseinrichtungen und die entsprechenden Ausbildungsgänge weiterentwickelt, angepasst und mit zeitgemäßen Werkzeugen ausgestattet werden. Parallel dazu werden Kollaborationen in Ausbildungsstätten und Wirtschaftsunternehmen aufgebaut, um lebenslanges Lernen und den beruflichen Erfolg dieser Generationen zu ermöglichen (Lernräume schaffen, etc.).


6. Umwelt
Kinder und Jugendliche sind die Generationen, die mit den ökologischen Entscheidungen der älteren Generationen umgehen müssen und massiv vom Klimawandel betroffen sein werden. Neben der Verankerung von BNE im Bildungsbereich ist eine Mitsprache des Kinderministeriums, der jungen Generationen auch auf politischer Ebene wichtig, da sie noch nicht wahlberechtigt sind.
Es wurde kein Alt-Text für dieses Bild angegeben.
Kinderministerium Deutschland - Sabine Hagen

Nun könnte man meinen, was braucht es dafür ein eigenständiges Ministerium, wenn die einzelnen Bereiche doch bereits gut in den anderen Ministerien auf Bundes- oder Länderebene aufgehoben sind.... sind sie das wirklich?

Wichtig ist hier noch die Erklärung aus Tashkent vom 16. November 2022 zu erwähnen und deren Fokus auf die frühkindliche Bildung, sowie die Forderung nach Aus- und Weiterbildung der Fachkräfte und Forderung von Innovationen aus wissenschaftlicher Forschung, um den Bereich einer erfolgreichen Transformation zu unterziehen :

"9. Clarifying the scope and definition of ECCE as follows: (1) early childhood encompasses the period up to age 8, (2) ECCE recognizes the holistic nature of child development, encompassing early cognitive and social development, which requires foundational learning, responsive care, nutrition, health, safety, protection, and play, and (3) ECCE contributes to an individual’s well-being and capacity to learn, school readiness, academic achievement, lifelong learning, and meaningful employment and, within society, greater gender equality, sustainable development, and global citizenship." (3)


Ich freue mich auf die Diskussion und Meinungen.

#KinderMinisterium #NewKita

-------

Quellen:

(1) https://www.watson.de/leben/nah%20dran/361850161-therapie-wird-bei-bu-versicherung-zum-verhaengnis-ein-drastischer-schritt-hilft , https://www.br.de/nachrichten/bayern/depressionen-aengste-psychische-probleme-schulpsychologen-alarm,TVrRxY1

(2) https://www.wuv.de/Exklusiv/Specials/Agile-Marktforschung/Wer-ist-eigentlich-diese-Generation-Alpha)

(3) https://euimg.vfairs.com/uploads/vjfnew/10000082/content/files/1668595494tashkent-declaration-en-pdf1668595494.pdf


von Sabine Hagen 18 Juli, 2023
In den letzten Jahren hat mich immer wieder eine Frage beschäftigt: Warum hat ein Träger Kitas? Nun könnte man meinen dies sei eine ganz einfache Frage und ziemlich offensichtlich. Doch ist es das wirklich? Getreu dem Bestseller von Simon Sinek „Start with Why“ habe ich mich auf die Suche nach einem Kitaträger gemacht, der mir die Frage nach dem eigentlichen „Why“, dem „Warum“ beantwortet und ich bin fündig geworden. Ein großer Dank geht an dieser Stelle raus an Karina Kruse, Gründerin und Geschäftsführerin von KMK kinderzimmer, die nicht gezögert hat, auf diese Frage zu antworten und an Anja Zettel, mit der ich ein wirklich bemerkenswertes und inspirierendes Gespräch führen durfte. „Ein Unternehmen, das nicht weiß, warum seine Kunden und Angestellten loyal sind, kann unmöglich wissen, auf welche Art es neue Mitarbeiter gewinnen und die Loyalität der vorhandenen stärken kann.“ (Simon Sinek) Auch und gerade im frühkindlichen Bildungsbereich herrscht ein massiver Fachkräftemangel . Aus diesem Grund ist es in meinen Augen essenziell und mehr als überfällig, als Kitaträger nach innen zu blicken und sich mit dem eigenen Purpose, den eigenen Werten, der Vision und schlussendlich dem „Why“ auseinanderzusetzen. Das Gründerehepaar, Karina und Melf Kruse, des Kitaträgers KMK kinderzimmer hat sich mit dieser Frage bereits bei der Gründung ihres Unternehmens (2012) auseinandergesetzt. Neben der fehlenden Vereinbarkeit, der fehlenden Modernität von Kitas/bisherigen Trägern und der fehlenden Chancengerechtigkeit, welche die DNA ihres Unternehmens geworden ist, blickten die beiden ebenfalls auf die pädagogischen Bereiche. Doch wie in jeder wachsenden Organisation kommt irgendwann einmal der Punkt, wo die DNA des Unternehmens mit der wachsenden Anzahl der Mitarbeitenden überarbeitet werden muss. Somit nahm sich das Team der KMK kinderzimmer das 10-Jährige Jubiläum im Sommer 2022 zum Anlass, noch einmal „nachzuschärfen“. „Am 16.9. feierten wir unser 10-jähriges Bestehen und nutzten das, um in besonderer Jahrmarktatmosphäre unser eigenes "Wunderland" zu schaffen. Wir haben dort angelehnt an die Story von Alice im Wunderland das Event so gestaltet, dass auch wir gemeinsam auf Identitätssuche gehen und in drei Workshop-Station unser "Why" gemeinsam definieren und auch das How und What erarbeitet.“ (Anja Zettel)
von Sabine Hagen 23 Feb., 2023
Wer die Schlagzeilen in den letzten Wochen und Monaten verfolgt hat, dem wurde schnell eines klar: Deutschland hat ein Problem mit Kindern. Der Föderalismus tut sein Übriges. Zwischen Digitalpakt Schule, aber keinem Digitalpakt für Kitas, dem Sprachgebrauch von Betreuung in Kitas, aber von Mittagsbetreuung in der Schule und der Forderung nach einem "Bildungsfonds", der vermutlich ebenfalls wieder die Kleinsten in der Gesellschaft außer Acht lässt, gehen weitere folgendschwere Herausforderungen einher: Kinderarmut – Depressionen und Ängste bei Kindern – Kinderrechte – Bildungssystem, um nur ein paar Buzzwords zu nennen. Die Probleme, aber vor allem die weitreichenden Folgen, die sich aus den aktuellen Herausforderungen im Jahr 2023 und dadurch für die Zukunft ergeben (werden) sind immens: Fakt 1) Wer in jungen Jahren eine Psychotherapie benötigt hat ein massives Problem in den späteren, berufstätigen Jahren eine Berufsunfähigkeitsversicherung zu erhalten. Dieses Problem ist seit Jahren bekannt und wird die Kinder und Jugendlichen, die aktuell auf Grund der Corona-Pandemie massive psychische Probleme haben, vor gravierende Schwierigkeiten im späteren Berufsleben stellen (1). Fakt 2) „Die frühe Kindheit ist eine besonders sensible Phase rasanter körperlicher, kognitiver, sozialer und emotionaler Entwicklung. In diesen ersten Jahren werden die Grundlagen für späteres Lernen gelegt. Frühkindliche Förderung und Erziehung besitzt somit ein besonderes Potenzial für die Entwicklung eines Kindes und den lebenslangen Lernprozess.“ (UNESCO) Als Global Goal bis 2030 gilt: „4.2 Bis 2030 allen Mädchen und Jungen den Zugang zu hochwertiger frühkindlicher Bildung, Betreuung und Erziehung sichern, die ihnen einen erfolgreichen Übergang in die Schule ermöglichen.“ Doch in Deutschland wird nicht von der frühkindlichen Bildung, sondern von der Betreuung gesprochen, die einem Zweck dient: Nämlich dass Arbeitnehmer*innen ihrer Arbeit nachgehen können. Fakt 3) Im Marketing wird von der „Generation alpha“ gesprochen. Die Altersgruppe, der in den Jahren 2010-2025 geborenen Menschen. Als erste und bis lang einzige Generation die komplett im 21. Jahrhundert aufwächst und für die die Digitalisierung kein Neuland ist. „2025, wenn das letzte Generation-Alpha-Baby das Licht der Welt erblickt, werden sie 2,5 Milliarden Menschen stellen. Sie bis dahin im Marketing zu ignorieren, wäre schlicht: dumm. (2)“ Ein ignorieren dieser kleinen Menschen und deren Rechte, auch auf zeitgemäße Bildung und Werkzeuge ebenfalls. In den letzten Wochen und Monaten spitzt sich nicht nur die Situation in der frühkindlichen Bildung zu. Kinder, deren Rechte, aber vor allem die psychische Gesundheit, sind nach wie vor Themen wie wir sehen, die zu oft vergessen oder ignoriert werden. Werfen wir ein Blick in den weiteren Bildungsverlauf und die unterschiedlichen Bereiche, in welchen Kinder ab Geburt „unterwegs“ sind, dann gebe ich folgende Bereiche zur Diskussion (ein erster Entwurf versteht sich), die in meinen Augen in einem eigenständigen Kinder(- und Jugend-)ministerium auf Bundesebene verankert sein sollten: 1. Kinderrechte und -grundsicherung Kinderrechte müssen im Grundgesetz verankert und eine Umsetzung/Einhaltung der Rechte bundesweit verfolgt werden. Des Weiteren gilt es Kinder finanziell abzusichern und die Kindergrundsicherung weiter zu forcieren. 2. Bildung Von Geburt bis zum Ende der schulischen Bildung benötigt es eine gemeinsame Kraftanstrengung und entsprechende Weiterentwicklung des deutschen Bildungssystems. Hierzu zählen ebenfalls die Bereiche des Qualitätsmanagements, sowie der Transfer von Forschung und Praxis. 3. Resilienz Mehr Aufmerksamkeit und zusätzliche Investitionen in den Bereich Resilienz für die zuständige Altersgruppe. Siehe Fakt 1) 4. Prävention (ganzheitlich) Fokus auf die psychische und physische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen. Siehe Fakt 1). 5. Organisationsentwicklung Basierend auf den unterschiedlichen Generationen (Stichwort: „Gen alpha“) müssen Bildungseinrichtungen und die entsprechenden Ausbildungsgänge weiterentwickelt, angepasst und mit zeitgemäßen Werkzeugen ausgestattet werden. Parallel dazu werden Kollaborationen in Ausbildungsstätten und Wirtschaftsunternehmen aufgebaut, um lebenslanges Lernen und den beruflichen Erfolg dieser Generationen zu ermöglichen (Lernräume schaffen, etc.). 6. Umwelt Kinder und Jugendliche sind die Generationen, die mit den ökologischen Entscheidungen der älteren Generationen umgehen müssen und massiv vom Klimawandel betroffen sein werden. Neben der Verankerung von BNE im Bildungsbereich ist eine Mitsprache des Kinderministeriums, der jungen Generationen auch auf politischer Ebene wichtig, da sie noch nicht wahlberechtigt sind. Es wurde kein Alt-Text für dieses Bild angegeben. Kinderministerium Deutschland - Sabine Hagen Nun könnte man meinen, was braucht es dafür ein eigenständiges Ministerium, wenn die einzelnen Bereiche doch bereits gut in den anderen Ministerien auf Bundes- oder Länderebene aufgehoben sind.... sind sie das wirklich? Wichtig ist hier noch die Erklärung aus Tashkent vom 16. November 2022 zu erwähnen und deren Fokus auf die frühkindliche Bildung, sowie die Forderung nach Aus- und Weiterbildung der Fachkräfte und Forderung von Innovationen aus wissenschaftlicher Forschung, um den Bereich einer erfolgreichen Transformation zu unterziehen : "9. Clarifying the scope and definition of ECCE as follows: (1) early childhood encompasses the period up to age 8, (2) ECCE recognizes the holistic nature of child development, encompassing early cognitive and social development, which requires foundational learning, responsive care, nutrition, health, safety, protection, and play, and (3) ECCE contributes to an individual’s well-being and capacity to learn, school readiness, academic achievement, lifelong learning, and meaningful employment and, within society, greater gender equality, sustainable development, and global citizenship." (3) Ich freue mich auf die Diskussion und Meinungen. #KinderMinisterium #NewKita ------- Quellen: (1) https://www.watson.de/leben/nah%20dran/361850161-therapie-wird-bei-bu-versicherung-zum-verhaengnis-ein-drastischer-schritt-hilft , https://www.br.de/nachrichten/bayern/depressionen-aengste-psychische-probleme-schulpsychologen-alarm,TVrRxY1 (2) https://www.wuv.de/Exklusiv/Specials/Agile-Marktforschung/Wer-ist-eigentlich-diese-Generation-Alpha) (3) https://euimg.vfairs.com/uploads/vjfnew/10000082/content/files/1668595494tashkent-declaration-en-pdf1668595494.pdf
von Sabine Hagen 20 Jan., 2023
Man stelle sich vor, die Grundlagen für das Neue Arbeiten , Future Skills und Sozialkompetenzen würden bereits in den ersten Lebensjahren gelegt. Was wäre das für eine zukünftige Gesellschaft, eine Wirtschaft, in der wir leben würden? Was für viele abstrakt klingen mag ist bereits seit mehreren Jahren fest in der #frühkindlichenBildung, den Kindertageseinrichtungen, verankert. Doch es scheint niemanden auf Länder- oder Bundesebene zu interessieren. Würden wir (endlich!) nicht nur in die #Bildung investieren, bestenfalls nicht nach dem Gießkannen-Prinzip, sondern die Chance sehen, die mit dieser Investition einhergeht, was wäre das für eine Zukunft? In vielen Magazinen, Artikeln oder Beiträgen liest man aktuell die Future-Skills, die zukünftig benötigt werden, um auf dem Arbeitsmarkt zu bestehen und erfolgreich zu sein. Prof. Dr. Yasmin Weiß sagt hierzu beispielsweise im aktuellen STRIVE Magazine auf die Frage, ob #Sozialkompetenz eine Future-Skill sei: „Unbedingt! Wir brauchen Sozialkompetenzen wie Empathie, Resilienz oder die Fähigkeit, tragfähige zwischenmenschliche Beziehungen aufzubauen in dieser von starken Veränderungen bestimmten, schwierigen Welt. Wenn ich diese Sozialfähigkeiten mit technologischer Kompetenz paare, dann entwickele ich eine kraftvolle Wirkung.“ Die Neue Narrative schreibt in der Ausgabe #16 über Räume und wie sich die Arbeitswelt in den letzten Jahrzehnten und Jahrhunderten verändert hat. „Der Raum als dritter Erzieher“. Nach diesem Prinzip wird vielerorts eine Kita geplant, umgestaltet und bestenfalls qualitativ eingeschätzt (Stichwort Kinderperspektive). Was nun für das heutige New Work, Neues Arbeiten und die #FutureSkills als Neuheit gilt, ist seit Jahren in der frühkindlichen Bildung verankert. Wann schätzen wir diesen Wert und investieren in die Entwicklung, Qualität und vor allem Zukunft der Bildung? Kitas sind Bildungseinrichtungen und arbeiten nach den entsprechenden, auf Länderebene (Danke Föderalismus) vorgegebenen, Bildungs- und Erziehungs-/Orientierungsplänen. Dort festgeschrieben sind auch der Erwerb von Kompetenzen, wie der Sozialkompetenz, oder der Bereich der Resilienz. Wir verlangen von Kindern und Jugendlichen, dass sie fit sind für die Zukunft, für den Arbeitsmarkt, um Steuer zahlen zu können und als Arbeitskräfte zur Verfügung stehen. Schon Benjamin Franklin wusste: „ Eine Investition in Wissen bringt noch immer die besten Zinsen. “ Investieren wir also in die vorhandenen 59.323 Kitas (Einrichtungen von 0-14 Jahren), die über 800.000 Fachkräfte (ja, auch diese haben es verdient ordentliche Räumlichkeiten zu haben und ihre Wachstumsbereitschaft weiterzuentwickeln) und 3,9 Mio. Kinder, die dort gefördert und gebildet werden, so wird eine Erweiterung des Kompetenzerwerbs in späteren Jahren erleichtert und die Kinder gleichzeitig in ihrer Resilienz und #mbiguitätstoleranz gestärkt. Easy, oder nicht? :-) Zitat: ZEIT ONLINE (2012): Bildung wirkt langsam, aber mächtig ------ #oecd
von Sabine Hagen 14 Dez., 2022
oder: Was haben Kitas und unser Kaffeebäumchen gemeinsam? Die letzten Monate haben wir uns an unserem grünen Kaffeebäumchen sattgesehen. Wir haben uns darüber gefreut, wie gut es gewachsen ist, dass es zum Allerersten mal Früchte entwickelt hat und die Kaffeekirschen nun ausreifen. Doch seit geraumer Zeit geht es unserem Kaffeebäumchen nicht gut. Die Blätter werden braun, fallen ab und Schädlinge haben unser Bäumchen befallen. Die Wurzeln haben durch zu viel Staunässe Schaden genommen. Eisern trägt es weiter seine Früchte und versucht mit aller letzter Kraft diese ausreifen zu lassen. Es entwickelt sogar immer weiter neue Früchte. Was bleibt uns nun übrig? 1. Die Kaffeekirschen ernten, die rohen Kaffeebohnen wieder ansäen, in ein neues Wachstum investieren und versuchen, dass es diesmal überlebt? 2. Oder schaffen wir es das Kaffeebäumchen wieder aufzupäppeln? Beides braucht Zeit, Geld, Geduld und viel Anstrengung, denn im Status Quo ist unser Kaffeebäumchen ca. 1,60m groß gewachsen. Was also tun? Alles „Einstampfen“, die Pflanze im Stich lassen und sich auf etwas Neues, Unvoreingenommenes konzentrieren und in den nächsten Jahren ein neues Kaffeebäumchen wachsen lassen? Würden wir dann etwas aus unseren Fehlern lernen oder wissen, woran es wirklich gelegen hat, dass der Zustand unseres Bäumchens aktuell so schlecht ist? Ein „Weiter so“ ist definitiv keine Option. Das zeigt uns unsere Pflanze gerade deutlich. Wer mich und meine Inhalte in den letzten Jahren aufmerksam verfolgt hat weiß, dass ich gerne die Natur und vor allem das Pflanzenwachstum für einen Vergleich mit dem frühkindlichen Bildungsbereich heranziehe. Unser Kaffeebäumchen ist seit Jahren Teil unserer Familie. Die Kitas sind als erste außerfamiliäre Einrichtung ebenfalls ein Teil der meisten Familien. Die Kinder wachsen dort auf, werden gefördert, gebildet, haben ein zweites zu Hause, haben dort Freunde gefunden. Dort geht es ihnen gut. Sie können dort wachsen und sich (bestenfalls) individuell entwickeln. Sie sind die reifen Früchte, die als Vorschulkinder am Ende der Kitazeit von der Pflanze „abgeworfen“ (mancherorts auch „rausgeworfen“ :-)) werden. Dem Kitabereich geht es nicht gut, genau wie unserem Kaffeebäumchen. Die Rahmenbedingungen passen nicht. Zu Vieles, was die Wurzeln angreift und was an äußeren Einflüssen auf die Blätter, die Zweige und die Stämme schädlich wirkt. Alles das wirkt nicht über Nacht, sondern über mehrere Monate oder Jahre hinweg auf die Pflanze ein und wird nun sichtbar. Genau wie im Kitabereich. Die letzten Monate und Jahre schlechter Behandlung, unzureichender Rahmenbedingungen und nett gemeinte Unterstützung nach dem "Gießkannen-Prinzip" zeigen nun vollends ihre Auswirkungen. Kitas müssen Gruppen oder ganz schließen, weil das Personal fehlt. Öffnungszeiten müssen reduziert werden, weil zu viele Mitarbeitende krank sind (ich empfehle den Artikel "Es ist doch nur Schnupfen") und trotzdem halten viele Fachkräfte noch weiter daran fest und kämpfen eisern dafür, dass sich die kleinen Früchte, die kleinen Menschen, weiterentwickeln und schlussendlich „ausreifen“ können. Die Energie bräuchten sie jedoch für ihr eigenes Wachstum und dafür gesund zu werden. Dafür, dass die eigenen Blätter nicht braun und welk werden und schlussendlich abfallen, weil keine Kraft mehr da ist sie zu halten. Was es jetzt braucht, ist keine Gießkanne mit ein bisschen Dünger versetzt, sondern eine Kraftanstrengung, um diese Pflanze, den Kitas und ihren Mitarbeitenden in Deutschland, wieder zur eigenen Blüten- und Blätterpracht zu verhelfen. Denn schlussendlich ist das Ziel eine gesunde Pflanze zu haben, die viele reife Früchte hervorbringt, oder etwa nicht? Vor ein paar Monaten habe ich einen Artikel über Wurzeln geschrieben und was es bedarf, um die Kitas in Deutschland wieder wachsen lassen zu können. "Investieren wir in die Wachstumsbereitschaft der Kitas in Deutschland und geben ihnen die Unterstützung, die sie ganz individuell für ihr Wachstum benötigen, so werden wir eines sehen: eine blühende Landschaft voller Vielfalt, die durch jeden einzelnen, wachstumsbereiten Menschen erst möglich gemacht werden konnte." Jeden Tag sehe ich unser Kaffeebäumchen und erinnere mich an die tollen grünen Blätter und wie sehr es uns Freude bereitet hat. Jetzt braucht es unsere Unterstützung. Ich habe meine Entscheidung getroffen und werde so schnell nicht aufgeben. „Callenge Accepted“, denn durch diese Krise wissen wir, wie wir unser Bäumchen in Zukunft besser vorbereiten und schützen können. Haben die Kitas und ihre über 800.000 Mitarbeitenden das nicht auch verdient? Erschienen am 14.12.2022 im #NewKita-Blog bei enTable.
von Sabine Hagen 20 Mai, 2022
Am Montag nach Muttertag findet jährlich der Tag der Kinderbetreuung statt. Dieses Jahr sogar bereits zum 10. Mal. Eine Woche später dann die Verleihung des Deutschen Kitapreises, ebenfalls ein Jubiläum, denn diese Auszeichnung wird im 5. Jahr in zwei unterschiedlichen Kategorien vergeben (Kita des Jahres, Lokales Bündnis für frühe Bildung des Jahres). Viel Grund zum Feiern und vor allem viel Aufmerksamkeit für die großartige Arbeit in den frühkindlichen Bildungseinrichtungen und der Tagespflege. Dazwischen starteten wir unsere beiden Events, den ersten bundesweiten Kitagipfel und #KitaHackathon 2022. Eine aufregende Woche, die, vor allem an besagtem Tag der Kinderbetreuung, voll war mit Lob und warmen Worten für die Fachkräfte in den Kindertageseinrichtungen und der Tagespflege. Viele Postings waren auf Social Media zu sehen, in denen die unterschiedlichsten Personen ihren Dank aussprachen. Und dann kam der Dienstag. Wie das Klatschen für die Pflegekräfte während der Pandemie, so verpufften auch diese Postings und verschwanden im Datenmeer des Algorithmus. Wir stehen in Deutschland aktuell an einem Wendepunkt. Wo vielerorts Menschen mit Maske beäugt werden, als hätten sie die Krätze, oder Sätze fallen wie: „Sie benötigen keine Maske mehr. Bitte nehmen Sie sie ab, sie erschrecken damit meine Kinder!“, verschließt man damit nur die Augen vor dem eigentlichen Problem. Die Pandemie ist noch nicht vorbei. Vor lauter Feierlaune gilt es auch und vor allem im frühkindlichen Bildungsbereich die Augen zu öffnen. Wie ich bereits in den letzten Beiträgen geschrieben habe, drängt die Zeit, denn unser frühkindlicher Bildungsbereich brennt . Da reichen nette Postings auch nicht zum Löschen. Wir steuern auf einen Herbst und Winter zu, der vor allem wieder einmal den Bildungsbereich treffen wird, oder um es deutlicher zu machen: die Kinder und deren #BildungsCrash [1] . „ Virologen warnen schon vor der nächsten Corona-Welle im Herbst. Die Aussichten für den Herbst 2022 sind nach einer Modellprognose der TU Berlin eher ernüchternd. Und schon in den vergangenen Sommern entspannte sich die Corona-Lage. Dann im Herbst änderte sich das schlagartig. Infektionszahlen explodierten nach den Sommerferien – dann erst reagierte die Politik. “ (Merkur) „ Ach, dass bisschen Kinderbetreuung, …“ , wird man dann Christian sagen hören, Vorstandsvorsitzender der Kinder-Sind-Mir-Doch-Egal AG und Nachfolger von Thomas (s. Allbright-Stiftung 2021). Doch wissen vor allem Eltern, dass es eben nicht „ein bisschen Kinderbetreuung“ ist, wenn man auf Grund der geschlossenen Gruppe (Grund: Fachkräftemangel oder pandemiebedingt), der gesamten Kita oder Distanzunterricht, mit den eigenen Kindern im Homeoffice sitzt. Christian steht somit der Herausforderung gegenüber, dass seine Mitarbeitenden ausgebrannt oder der Ruf der AG so schlecht geworden ist, dass sich nur noch wenige Bewerber:innen auf offene Stellen finden. Damit geht jedoch nicht nur die Zukunft des Unternehmens kaputt, sondern auch die der Kinder und Eltern, da sich womöglich die Einkommenssituation ändert. Daraus resultiert dann ebenfalls die Kürzung der Buchungsstunden in der Kita, die vor allem im U3-Bereich nicht unerheblich sind und die Kinder ziehen wieder den Kürzeren. Es bildet sich also ein gesamtgesellschaftliches Problem. „Kinder haben ein Recht darauf, gehört, gesehen und gefragt zu werden. Sie haben ein Recht auf Beachtung und auf Achtung ihrer Menschenrechte und ein Recht „auf den heutigen Tag“. Kinder sind aktive Gestalter*innen ihrer Welt und ihrer Interaktionen mit Erwachsenen und anderen Kindern. Es gilt, ihre verschiedenen Ausdrucksformen aufmerksam wahrzunehmen, ihre Perspektive zu verstehen, sie gegebenenfalls zu „übersetzen“ und Kinder kontinuierlich und systematisch an der Entwicklung von Kita-Qualität zu beteiligen.“ (Bertelsmann 2021, S. 2) Doch was ist Qualität in Kitas überhaupt und was hat das mit Christian zu tun? Ist es die Betreuungsleistung von sechs bis 18 Uhr, damit die Eltern als Arbeitnehmende ihrer Arbeit z. B. in der Kinder-Sind-Mir-Doch-Egal AG nachgehen können? Oder ist es doch eher eine gut ausgestattete (personell, wie finanziell und materiell) Kindertageseinrichtung, in welcher sich die Kinder individuell und frei entfalten und ihrem Recht auf (digitale) Bildung nachgehen können? Wie war das noch gleich mit den Kinderrechten und dem Grundgesetz? Der Rat der Europäischen Union hat 2021 eine Empfehlung ausgesprochen, aus welcher nun in Deutschland der Aktionsplan „Neue Chancen für Kinder in Deutschland“ und Ekin Deligöz als Nationale Kinderchancen-Koordinatorin hervorgegangen ist. Die Empfehlung sieht u. a. folgendes vor: „(19) Der frühzeitige Abbau von Benachteiligungen ist eine kosteneffiziente Investition, auch langfristig, da er nicht nur zur Inklusion von Kindern und zu besseren sozioökonomischen Ergebnissen im Erwachsenenalter beiträgt, sondern durch eine bessere Integration in den Arbeitsmarkt und die Gesellschaft sowie durch Verbesserung des Übergangs von der Schule zum Beruf, unter anderem durch die vollständige Umsetzung der Empfehlung des Rates vom 30. Oktober 2020 zum Thema „Eine Brücke ins Arbeitsleben – Stärkung der Jugendgarantie“, auch einen Beitrag zur Wirtschaft und zur Gesellschaft leistet. Investitionen in die Chancengleichheit von Kindern bilden die Grundlage für ein nachhaltiges und inklusives Wachstum, das faire und widerstandsfähige Gesellschaften und eine soziale Aufwärtskonvergenz unterstützt. Auch wird dadurch ein Beitrag dazu geleistet, die Auswirkungen ungünstiger demografischer Entwicklungen zu bewältigen, indem der Mangel an Fachkräften und generell an Arbeitskräften verringert und eine bessere territoriale Abdeckung sichergestellt wird, während gleichzeitig die Chancen, die sich aus dem grünen und dem digitalen Wandel ergeben, genutzt werden. (20) Ein gleichberechtigter Zugang zu hochwertiger und inklusiver frühkindlicher Betreuung, Bildung und Erziehung ist von zentraler Bedeutung, wenn es darum geht, die Weitergabe sozialer Ausgrenzung zu durchbrechen und Chancengleichheit für benachteiligte Kinder zu gewährleisten. Die begrenzte Verfügbarkeit und die hohen Kosten der frühkindlichen Betreuung, Bildung und Erziehung können jedoch ein Hindernis für Kinder aus einkommensschwachen Familien darstellen. Ihre Teilnahmequoten sind erheblich niedriger und führen später zu schlechteren Bildungsergebnissen und höheren Schulabbruchsquoten, insbesondere bei Kindern mit Migrationshintergrund oder Roma-Kindern. Segregation und Diskriminierung beim Zugang von Kindern mit Behinderungen oder sonderpädagogischem Förderbedarf zum regulären Bildungssystem stellen nach wie vor eine Herausforderung dar. Die Wahl der Bildungseinrichtung muss im Sinne des Wohls des Kindes erfolgen. Angesichts steigender Zahlen von Kindern mit Migrationshintergrund in den Bildungssystemen gilt es, ein segregiertes schulisches Umfeld zu verhindern und die Unterrichtsmethoden anzupassen, nach Maßgabe des nationalen Rechts und der Verpflichtungen der Mitgliedstaaten im Rahmen der einschlägigen internationalen Instrumente auf diesem Gebiet“. (Rat der Europäischen Union) Was in dieser Empfehlung (welche sich an bedürftige Kinder = „Personen unter 18 Jahren, die von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht sind“ (Rat der Europäischen Union) richtet) wichtig ist, es ist immer die Rede von frühkindlicher Bildung, Betreuung und Förderung. Eine bundesweite Akzeptanz, dass es sich bei Kindertageseinrichtungen um Einrichtungen der frühkindlichen Bildung handelt, wäre hier der erste Schritt! Denn reden wir über Chancengleichheit, so haben alle Kinder innerhalb einer Nation das Recht auf eine hochwertige (frühkindliche) Bildung, Betreuung und Förderung. Also Christian, hier geht es um die Zukunft deines börsennotierten Unternehmens und aktuell um die Kinder deiner Mitarbeitenden. 😉 „Was geht mich das an? Schließlich habe ich die Mitarbeitenden eingestellt, um zu arbeiten, und nicht auf Grund der Tatsache, dass sie Eltern sind!“ Dann argumentiere ich hier gerne mit den Argumenten aus dem Beitrag „ Es ist doch nur Schnupfen “: Fassen wir also einmal kurz die aktuelle Lage zusammen. Wir haben: Christian, Vorstandsvorsitzender der Kinder-Sind-Mir-Doch-Egal AG, dessen Mitarbeiter:innen ausgebrannt oder kurz vor der Kündigung stehen. Den frühkindlichen Bildungsbereich, der am Ende ist Die Kinder, die wie man es dreht und wendet, den Kürzeren ziehen. Wie kriegen wir nun alle zusammen, so dass die Rechte, Aufgaben und Entwicklung jeder und jedes Einzelnen gewahrt bleibt? Die Empfehlung des Rats der Europäischen Union gibt uns bereits die Antwort: Wir müssen investieren, und zwar in die Bildung, Betreuung und Entwicklung der Kinder und das ab der frühkindlichen Bildung, den Kindertageseinrichtungen und der Tagespflege!
von Sabine Hagen 10 Apr., 2022
Wer meine Inhalte in den letzten Wochen und Monaten verfolgt hat, hat viel über unsere Vergleiche zwischen dem Wachstum eines Samen, bzw. einer Pflanze und der Wachstumsbereitschaft eines Menschen gelesen. So individuell und einzigartig wie die Pflanzen in unseren Gärten, auf den Feldern oder in unseren Wäldern sind, so individuell und einzigartig sind wir Menschen. Die Wachstumsbereitschaft jeder und jedes Einzelnen hängt stark von den Rahmenbedingungen, der Unterstützung von außen und unserer eigenen Energie ab. Sind wir ein zartes Pflänzchen in einem dicht gedrängten Wald, so wird unser Wachstum länger dauern, als wenn wir allein auf einer großen Wiese in der Nähe eines Baches stehen. Sind wir ein Mitarbeiter in einem Großkonzern, in welchem die „Mühlen sehr langsam mahlen", wachsen wir langsamer als die Selbständige, die für ihren eigenen beruflichen Erfolg zuständig ist. Doch eines haben alle gemeinsam: Wurzeln. Wurzeln sind der Anker der Pflanze, machen über die Hälfte ihrer Größe aus und sind für das menschliche Auge (meist) unsichtbar. Wurzeln sind der Anker eines Menschen und prägen ihn ein Leben lang. Man kann die eigenen Wurzeln zwar vor den Blicken der Mitmenschen, vor den Kolleg:innen und Freunden verstecken, doch sie sind da. Und sie wachsen weiter. Im Mittelpunkt von #NewKita steht der wachstumsbereite Mensch. Die eigene Wachstumsbereitschaft und der Wille über sich hinauszuwachsen, vielleicht auch der Wunsch „gesehen“ zu werden und sich weiterzuentwickeln ist in der heutigen Zeit so normal wie die Gänseblümchen auf einer Frühlingswiese. Wir erfreuen uns gerade an den ersten Blumen, die sich nach dem Winter zeigen. Wir erfreuen uns an den ersten Knospen, die zeigen, das Wachstum geht weiter, der Frühling kommt. Was wir nicht sehen sind die Anstrengungen, die diese Pflanzen in den letzten Monaten unternommen haben, um jetzt wieder blühen zu können. Die gewachsenen und gesunden Wurzeln, die einen sicheren Stand für die Pflanze geben und gleichzeitig auch den Boden fest zusammenhalten, auf welchem sie stehen. Wir sehen die Anstrengungen der letzten Wochen und Monate in den Gesichtern unserer Kolleg:innen, unserer Familien und Freunde, doch wissen wir (noch) nicht, wie sehr sie „gewachsen“ sind. Gesunde, mehrjährige Pflanzen oder gar Bäume anzuziehen und diese in ihrem Wachstum zu unterstützen, bedarf eines langen Atem. Mitarbeiter:innen in ihrem Wachstum zu unterstützen ist der gleiche mehrjährige Prozess. Aber was gibt es Schöneres als den eigenen Mitarbeiter:innen und Kolleg:innen beim Wachsen zu zuschauen und sich gemeinsam an den „Früchten“ dieser Arbeit zu erfreuen? Der entscheidende Faktor ist in diesem Moment: Möchte man gesunde Pflanzen, mit gesunden und starken Wurzeln, so müssen diese Pflanze im Windschatten heranwachsen können. Andernfalls wird die zarte Pflanze schnell den Stand verlieren und am Ende vom Wind davongeweht. Sind die ersten Wurzeln gebildet und die Pflanze wächst heran, so bildet sich Humus. Dieser ist wiederum ein Nährboden für andere und weitere Pflanzen. Denken wir an den wachstumsbereiten Menschen, so benötigt dieser eine Unterstützung, um wachsen zu können und viel wichtiger, um gesunde Wurzeln zu bilden. Wir brauchen jemanden, der an uns glaubt, uns unterstützt und in dessen „Windschatten“ wir uns notfalls stellen können. Um dann selbstverständlich mit geballter Energie loszulegen und über uns hinauszuwachsen. 😊 Ein Gedankenexperiment: Schließe die Augen und stelle dir eine brachliegende Fläche vulkanischen Gesteins vor. Kaum Pflanzen, alles grau oder gar schwarz, nichts blüht. Und dann siehst du es, hinter einem Mehlpackungs-großem Stein: eine kleine Pflanze. Gerade so hoch, dass die obersten beiden Blätter hinter dem Rand des Steins verschwinden, wenn du dich hinkniest. Es ist windig, doch die Pflanze ist geschützt und wackelt nur ganz leicht im Wind. Die untersten Blätter zittern nicht einmal. Das Bild verschwindet und wir spulen ein bisschen in der Zeit vor. Du siehst wieder die brachliegende Fläche vulkanischen Gesteins. Dort, wo die kleine Pflanze hinter dem Stein gewachsen ist, siehst du nun etwas komplett anderes. Diese damals noch kleine Pflanze ist nun ein mittelgroßer Baum. Er steht fest auf dem Boden, hat gesunde Wurzeln gebildet und um ihn herum sind viele weitere Pflanzen, wie Blumen und Gräser gewachsen, der Stein ist nicht mehr zu sehen. Es ist ein komplett anderes Bild und erinnert dich nicht mehr an die damalige „Mondlandschaft“. Jetzt springen wir in den frühkindlichen Bildungsbereich. Schließe die Augen und denke an das Bild des gewachsenen Baumes, die Gräser und Blumen. Und nun ersetzt du vor deinem inneren Auge den Baum durch eine:n pädagogische:n Mitarbeiter:in und die Blumen und Gräser durch Kinder. Die Wurzeln, als fester (Qualitäts-) Anker sind nicht zu sehen, doch wissen wir, dass sie da sind. Die Kitas in Deutschland versuchen gerade in einer solchen Landschaft, wie zu Beginn unseres Gedankenexperiments, zu wachsen und nicht „weggeweht“ zu werden. Investieren wir in die Wachstumsbereitschaft der Kitas in Deutschland, in die wachstumsbereite, pädagogische Qualität jedes Mitarbeitenden und geben ihm die Unterstützung, die er ganz individuell für sein Wachstum benötigt, so werden wir eines sehen: eine blühende Landschaft voller Vielfalt, die durch jeden einzelnen, wachstumsbereiten Menschen und dessen gesundes Wurzelwachstum erst möglich gemacht werden konnte. Das wahre Potenzial und die Qualität der frühkindlichen Bildung liegt somit selbst für Mitarbeiter:innen und Träger im Verborgenen und gilt es nicht nur sichtbar zu machen, sondern in erster Linie im Wachstum zu unterstützen. Seid ihr bereit zu wachsen und gesunde Wurzeln zu bilden?
von Sabine Hagen 09 Feb., 2022
Deutschland: setzen 6! Vor fast zwei Jahren habe ich ein Experten-Interview zum Thema „ Wertschätzung und Mitarbeiterbindung " in Kitas gegeben. Das dieses Thema schon damals zu wenig beachtet wurde, hatte man bei den Fragen und Rückmeldungen der Teilnehmenden während der Ausstrahlung gemerkt. Das war 2020. Seitdem ist viel passiert und doch hat das Thema nicht an Brisanz verloren. Ein wertschätzender Umgang mit Kolleg:innen, Mitarbeiter:innen oder Mitmenschen ist immer seltener. Es beginnt mit dem Aufhalten einer Tür, wenn nach uns jemand ein Gebäude betritt und endet damit, aktiv zuzuhören und unser Gegenüber nicht als selbstverständlich wahrzunehmen. Nun stecken wir immer noch in der Pandemie und der frühkindliche Bildungsbereich, unser gesamtes Bildungssystem, steht kurz vor dem Kollaps. Kinderdurchseuchung, sich ständig ändernde Regelungen und Vorgaben, Beibehaltung der Präsenzpflicht mit dem gleichzeitigen Sinken der Bildungsqualität, etc., lassen eines erahnen: die nächste Welle wird kommen und am Ende werden alle überrascht sein, dass sie so plötzlich kam. Die Kündigungswelle im (frühkindlichen) Bildungsbereich. Das Fachkräftebarometer hat diesen Monat eine neue „Zahl des Monats“: 10.942 So viele Stellen für Erzieher:innen waren 2021 bei der Bundesagentur für Arbeit gemeldet. Ein plus seit 2010 von +157%. Im Gegensatz dazu stehen 8.599 als arbeitslose Erzieher:innen. „So kamen im Jahr 2010 noch etwa 253 arbeitslos gemeldete Personen mit dem Zielberuf Erzieherin bzw. Erzieher auf 100 offene Stellen. Im Jahr 2021 waren es bundesweit nur noch rund 79 Personen.“ ( Fachkräftebarometer, Zahl des Monats Februar )
von Sabine Hagen 07 Jan., 2022
Qualität in Kitas ist seit Jahren ein großes Thema im frühkindlichen Bildungsbereich und zwar für alle Akteur:innen. In der Sonderausgabe der Kita aktuell spezial (4.2021): „Digitalisierung in Kindertageseinrichtungen“ habe ich in meinem Artikel „Digitalisierung qualitativ als T.E.A.M. gestalten“ von einer Visionsreise geschrieben: „[…] eine Visionsreise über die frühkindliche Bildung in Deutschland, voller Mut, Hoffnung und Kreativität.“ Doch wie kann eine solche Visionsreise zur Realität werden? Wie können die Diskussionen rund um dieses mancherorts so schwierige und nicht greifbare Thema der Qualität in Kindertageseinrichtungen greifbarer werden? Wie ich einem vorrangegangenen Artikel geschrieben habe, wäre mein beruflicher Weg ein anderer gewesen, hätte ich damals zu Chemie-LK-Zeiten einen, … sagen wir … empathischeren Lehrer gehabt. Was dies mit der Qualität in Kindertageseinrichtungen zu hat? Alles. Der Blick über den Tellerrand hilft oft ungemein, wenn man vor scheinbar verzwickten Problemstellungen oder unlösbaren Herausforderungen steht. Betrachten wir die Qualität von und in Kitas einmal mit einem anderen Blick. Jede Kita ist einzigartig. Sie besteht aus der Vielfalt Ihrer Mitarbeiter:innen, Kindern, Elternschaft, der entwickelten pädagogischen Konzeption, der vor Ort vorherrschenden Rahmenbedingungen, bundeslandspezifischen Vorgaben, dem Sozialraum, Kooperationspartner:innen und vielem mehr. Vielen kleinen positiv oder negativ geladenen Teilchen. Die Qualität in Kitas ist wie ein Molekül. Sie besteht aus zwei oder mehreren geladenen Teilchen, ist in sich jedoch neutral. Das muss sie auch sein. Schließlich darf ein Qualitätsmanagement weder subjektiv noch abhängig sein. Verbindet sich nun dieses „Qualitäts-Molekül“ mit anderen geladenen Teilchen, die, wie oben beschrieben, wiederum unterschiedlichen, vielfältigen und ganz individuellen Einfluss auf eine Kita und damit ihre Qualität haben, so ergibt sich ein Kettenmolekül oder einfacher ausgedrückt – die DNA . Es stellt sich also in dieser Qualitäts-Diskussion nicht die Frage, wie man von außen diesen Prozess anstoßen, überstülpen oder initiieren kann. Genauso, wie Professor Watzlawick sagte: „Wir können nicht nicht-kommunizieren.“, können wir uns nicht nicht mit der Qualität in Kitas befassen. Sie ist Teil der DNA jeder Kita und genauso individuell wie du und ich. Denn eine DNA lässt sich von außen nicht ändern. Die Qualität in Kindertageseinrichtungen hat Bestand und ist Teil JEDER Kita, ob man es möchte oder nicht. Macht man sich diese Tatsache bewusst, reflektiert und handelt vor allem danach, liegt die Lösung auf dem Tisch. Bild: McKylan Mullins, Pexels
von Sabine Hagen 04 Nov., 2021
Herbstzeit ist Schnupfnasenzeit. Nicht nur in Kindertageseinrichtungen. Doch wann ist ein Schnupfen ein Schnupfen, Husten das Anzeichen einer Erkältung und Fiebersaft nicht der Saft, den Kinder morgens zum Frühstück trinken sollten? Es hat uns auch getroffen. Mein jüngster Sohn ist nun die zweite Woche krank zu Hause. Während ich also mein krankes Kind zu Hause behalte, damit dieses gesund werden, keine weiteren Kinder/ Kita-Mitarbeitenden ansteckt oder sein geschwächtes Immunsystem die nächste Krankheit aufschnappt, laufen weiter reihenweise Schniefnasen durch die Einrichtungen. An dieser Stelle springe ich in ein anderes Themengebiet. Unser Kollege aus dem frühkindlichen Bildungsbereich, André Borgmann , übersetzt derzeit das „Fachkräftebarometer Frühe Bildung 2021“ in den sozialen Medien (herzlichen Dank für deine tolle Arbeit). In seinen Slides führt er z. B. an, dass es eine 92%ige Steigerung der Mitarbeitenden in Kitas seit 2006 gibt. Trotzdem stehen die Kitas vor einem so gewaltigen Fachkräftemangel, dass ein Kita-Kollaps zu drohen scheint. Die Bundesagentur für Arbeit, erklärte den Beruf sogar als „Engpassberuf“. Was das bedeutet? Die o. g. Steigerung hört sich im ersten Moment toll an und ist ein voller Erfolg. Doch leider nur auf den ersten Blick. Auf den zweiten Blick zeigen uns weitere Zahlen der Bundesagentur für Arbeit, dass die Zahl der Teilzeitbeschäftigten in den Kitas immer weiter steigt (in Bayern sogar um 83%, in Berlin um 100% aus Statistik der Bundesagentur für Arbeit Berichte: Blickpunkt Arbeitsmarkt– Pädagogisches Personal in der Kinderbetreuung und -erziehung, Nürnberg, Oktober 2021 ). Dies liegt meines Erachtens nicht nur an der schlechten Vereinbarkeit von Familie und Beruf auch unter den Kita- Mitarbeitenden, sondern vor allem an den kräftezehrenden Rahmenbedingung, die durch Personalengpässe noch verschlimmert werden. Viele Kinder haben seit ein paar Wochen Atemwegsinfekte, mit welchen man eigentlich erst in den Wintermonaten gerechnet hat. Vor allem seien unter Sechsjährige betroffen. So sagt es Jakob Maske, Sprecher des Bundesverbandes der Kinder- und Jugendärzte, der Nachrichtenagentur dpa. „ Die Infekte werden jetzt nachgeholt “. (tagesschau.de) Ergo: Mehr kranke Kinder in der Kita führen zu mehr krankem Personal in den Kitas. Oder:
von Sabine Hagen 26 Juli, 2021
Frauen haben es in dieser Gesellschaft nach wie vor schwer. Kind und Karriere , das ist nur mit Abstrichen möglich. Selbst als zweifache Mutter, mit zwei Uniabschlüssen und jetzt dem zweiten, gemeinschaftlich gegründeten Unternehmen, stehe ich vor dieser Herausforderung. Nicht, weil „es so stressig ist, mit zwei kleinen Kindern.“, sondern weil der Arbeitsmarkt, die Arbeitgeber, die Gesellschaft, immer noch ein Problem haben: Berufstätige Mütter. Isabell Prophet hat es beim Business Insider Deutschland gut auf den Punkt gebracht: " Eltern brauchen keine Sonderregelung – Eltern sind der Standard und wir brauchen vernünftigere Arbeitsstrukturen " Ich habe den Luxus, mir meinen Job selbst aussuchen oder wie im Moment, selbst schaffen zu können. Ich hatte den Luxus als Kita-Geschäftsführerin in TZ, mit meinem Laptop von zu Hause zu arbeiten. Andere haben diesen Luxus nicht. Gestern noch habe ich dieses Bild auf den Sozialen Medien gepostet. Ein kleines Rätsel. Für viele mit einem Schmunzeln betrachtet, stellt es die Realität dar. Und sie ist nicht lustig.
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